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Im Land des Wagyu: Ein Fleischexperte auf Entdeckungsreise in Japan

Ronny Paulusch, Fleischexperte und Diplom Fleischsommelier, ist nach Japan gereist, um die Geheimnisse des Wagyu-Rindfleisches zu ergründen. Seine Erkenntnisse über Zuchtmethoden, kulinarische Traditionen und die kulturelle Bedeutung von Wagyu verrät er in einem spannenden Reisebericht.

Ronny Paulusch ist ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der Fleischreifung und geschätzter Dozent an renommierten Bildungseinrichtungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz. Nach seiner Weiterbildung zum Diplom Fleischsommelier am Gastrozentrum des WIFI Graz im Jahr 2016 und seiner Auszeichnung mit dem FH Award 2022 für seine Kurse zum Cortador, hat er sich auf die Erforschung und Vermittlung von Wissen rund um Iberico und Wagyu spezialisiert. Getrieben von der wachsenden Nachfrage seiner Kunden und Schüler nach Wagyu, reiste er im Mai nach Japan, um sich vor Ort ein Bild von der Zucht und Verarbeitung dieses außergewöhnlichen Rindfleisches zu machen. Für Fleisch & Co hat er seine Erlebnisse und Erkenntnisse in einem wirklich span- nenden Reisebericht zusammengefasst.

Tag 1: Tokyo Meat Market und erste Eindrücke

Mein Abenteuer begann mit einem Besuch des Tokyo Meat Market & Slaughterhouse, das sich im edlen Stadtviertel rund um die Bucht von Tokio befindet. Hier konnte ich die Schlachtung und Grobzerlegung von täglich rund 600 Wagyu-Rindern und 1.300 Schweinen miterleben. Diese Erfahrung gewährte mir einen tiefen Einblick in den Prozess, der zur außergewöhnlichen Qualität des Wagyu-Rindfleisches beiträgt. Besonders faszinierend war die Live-Auktion der Karkassen, bei der die Fleischstücke bewertet und versteigert werden.
Danach konnte ich das firmeneigene Seminarzentrum besuchen, das wie ein Museum aufgebaut ist und regelmäßig von Schulklassen besucht wird. Hier lernte ich nicht nur über die Fleischverarbeitung, sondern auch über die kulturelle Bedeutung und den Respekt für die geschlachteten Tiere. Auf dem Gelände entdeckte ich eine Gedenktafel für die Seelen der Tiere, die einmal jährlich in einer Zeremonie geehrt werden. Diese Zeremonie zeigt den tiefen Respekt der Japaner vor den Tieren und ihrer Lebensweise.
Zum Mittagessen genoss ich frisches Sushi, bevor ich weiterzum Headoffice der Japanese Meat Grading Association (JMGA) ging. Diese Organisation führt an 127 Schlachtbetrieben in ganz Japan das Grading (Klassifizierung) von Fleisch durch. Spannend: Die Ausbildung eines Meat-Graders dauert bis zu drei Jahre und umfasst nicht nur die Fleischklassifizierung, sondern auch die Fettklassifizierung, was besonders für die Bewertung von Wagyu von Bedeutung ist. Die Präzision und das Fachwissen der Meat-Grader beeindruckten mich sehr.
Am Abend erkundete ich einen Supermarkt in der Nähe der Tokyo Central Station, der mit absoluter Transparenz bei der Fleischauswahl beeindruckte. Jedes einzelne Stück war mit einer Nummer versehen, die es dem Kunden ermöglichte, über eine App detaillierte Informationen über das Fleisch zu erhalten – von der Herkunft über Geschlecht und Alter des Tieres bis hin zum Schlachtdatum. Diese innovative Art der Kennzeichnung unterstreicht die Bedeutung von Qualität und Rückverfolgbarkeit in der japanischen Lebensmittelindustrie. Anschließend genoss ich ein unvergessliches Abendessen im Satou Steak House, das vielen aus dem Film „Steak (R)evolution“ bekannt ist. Die Vorspeise bestand aus einer interessanten Kombination von Seegurke auf Karottenmousse, die die Vielfalt und Kreativität der japanischen Küche widerspiegelte. Das Highlight des Abends waren jedoch die verschiedenen Wagyu-Gerichte, die zur Auswahl standen. Begleitet von einer Vielzahl von Beilagen erlebte ich einen kulinarischen Höhepunkt mit bestem Matsusaka Wagyu, der die Perfektion japanischer Teppanyakikunst und Fleischqualität widerspiegelte.

Während des Dinners wurden nicht nur kulinarische Köstlichkeiten genossen, sondern auch intensive Diskussionen geführt. © Paulusch

Tag 2: Ishigaki Island und Wagyu auf der Weide

Nach einem dreistündigen Flug von Tokio erreichte ich die idyllische Insel Ishigaki, die für ihre landschaftliche Pracht und traditionelle Rinderzucht bekannt ist. Ich erlebte einen faszinierenden Tag, beginnend mit einem Besuch bei Ishigaki Island Beef. Die Tiere werden hier sowohl auf der Weide als auch im Offenstall gehalten, was zu einer besonders artgerechten Aufzucht führt. Die Farm erstreckt sich über 18 Hektar Weideland in unmittelbarer Ozeannähe, wo die Rinder in einem Rotationsprinzip grasen und hochwertiges Futter erhalten. Diese Umgebung prägt maßgeblich die Qualität des Wagyu-Rindfleisches. Während meines Besuchs lernte ich mehr über die Zuchtmethoden auf Ishigaki Island, die stark auf das Wohlbefinden der Tiere und die Qualität des Fleisches ausgerichtet sind. Die harmonische Integration von Landwirtschaft und Natur verdeutlichte die enge Verbindung zwischen Rinderzucht und Inselumgebung. Der Abend war geprägt von einem unvergesslichen Yakiniku Dinner. Wir genossen eine Vielzahl von exquisiten Wagyu-Spezialitäten, darunter marinierte Brisketstücke, Leber, Denver Cut, Zunge mit Zitrone, Kalbi aus der Rippe und Teres Major Tataki-Style. Jeder Bissen war eine Offenbarung des unvergleichlichen Geschmacks und der Wagyu-typischen Textur.
Während des Dinners wurden nicht nur kulinarische Köstlichkeiten genossen, son- dern auch intensive Diskussionen geführt. Ich erhielt wertvolle Einblicke direkt von Experten der Branche. Es war eine Gelegenheit, Wissen aus erster Hand zu sammeln und neue Perspektiven zu gewinnen. Als Krönung des Abends wurde der Grundstein für eine zukünftige jährlich stattfindende Wagyu Masterclass vor Ort an der Wagyu Academy gelegt.

Tag 3: Kabira Bay & Shinzato Wagyu

Am dritten Tag meiner Reise erkundete ich die atemberaubende Kabira Bay auf Ishigaki Island mit einer faszinierenden Glasboden-Bootsfahrt und lernte viel über die einzigartige Ökologie dieser geschützten Meeresregion und genoss die entspannte Atmosphäre der malerischen Küstenlandschaft. Der anschließende Besuch bei Shinzato Wagyu war eine beeindruckende Erfahrung. Der Betrieb von Tomoya Shinzato und seiner Frau Mariko ist ein Familienbetrieb und verkörpert Farm-to-Fork in Reinkultur, samt eigenem Butchershop in Reichweite zur Farm. Besonders beeindruckend waren die Spezialitäten von Shinzato Wagyu, darunter grasgefütterte Wagyus und sogar sieben bis acht Jahre alte Wagyu-Kühe mit einem beeindruckenden BMS (Beef Marbling Score) von 8–10. Die Familie setzt auf konventionelle Stallhaltung und verwendet lokal angebautes Zuckerrohr-Laub als Raufaserfutter für ihre Tiere. Ich erlaubte mir sogar die Frage nach Preisen und Marktnachfrage für Shinzato Wagyu. Die Schlachtkörper erzielen auf Auktionen oft Preise von über 6.000 Yen pro Kilogramm, was das Dreifache des üblichen Preises ist. Ein bemerkenswertes Highlight war der Verkauf einer 12 Monate alten Kuh zu einem Traumpreis von 11 Millionen Yen (ca. 65.000 Euro), die damit zum aktuellen Spitzenreiter bei den erzielten Preisen avancierte. Der intensive Austausch mit der Familie Shinzato ermöglichte es mir, die Vielschichtigkeit und den Wert von Wagyu auf einer neuen Ebene zu verstehen und zu bewerten. Mit einem Lächeln im Gesicht und vielen neuen Geschichten im Gepäck landete ich am späten Abend wieder sicher in Tokio.

Die Zerlegung der Toriyama Cattle Farm, Heimat der berühmten Umami Wagyus.© Paulusch

Tag 4: Toriyama Cattle Farm und Umami Wagyu

Am vierten Tag meiner Reise ging es mit dem Mietwagen von Tokio in die Präfektur Gunma, um die Toriyama Cattle Farm zu besuchen. Heimat des berühmten „Umami Wagyu“. Der Besitzer, Wataru Toriyama, verfolgt hier einen konsequenten Ansatz, bei dem die Tiergesundheit von klein auf an erster Stelle steht. Er praktiziert dabei eine konventionelle Haltung und setzt auf eine spezielle Fütterung mit Gras, Reisstroh (teils siliert) und pulverisiertem Miso (fermentierte Sojabohnen). Zusätzlich erhalten die Ochsen Mais und Getreide. Ich hatte die Gelegenheit, jeden Aspekt der Farm zu erkunden, angefangen von der Kälberstation bis zum Ochsenstall. Aktuell werden über 400 Mutterkühe auf der Farm gehalten. Nach der Besichtigung konnte ich die Qualität des Fleisches direkt beim Yakiniku-Lunch erleben. Der Genuss dieser hochwertigen Spezialitäten bestätigte die hervorragende Aufzucht und Fütterung der Tiere. Am Nachmittag durfte ich im laufenden Betrieb sowohl die Zerlegung als auch den Reiferaum anschauen und interessante Gespräche mit den Verantwortlichen über die japanische Herangehensweise führen. Ich war beeindruckt von der Präzision und Sorgfalt, mit der bei Toriyama Wagyu gearbeitet wird. Jedes Teilstück wird mit höchster Genauigkeit behandelt, da es bei der Verarbeitung um jedes Gramm Fleisch geht. Handwerkskunst und Fachwissen pur!
Besonders interessant dabei waren die Gespräche über das Thema Dry Aging, das auch hier immer mehr an Bedeutung gewinnt. Je nach Ausgangslage des Fleisches wird Dry Aging als Methode zur Verbesserung von Geschmack und Textur immer häufiger angewendet. Zum Abschluss des Tages genoss ich ein exquisites mehrgängiges Sashimi- und Tempura-Dinner in angenehmer Gesellschaft. Anwesend waren der Präsident von Gunma Meat, der Principal der Federal Meat Academy und ihr Local Guide für die Exkursion 2025, Katsumi Niwa.

Fleischauslage von Ningyocho Imahan Odakyu Dai-Ichi, einem der ältesten Metzgershops in Tokio, der bereits 1895 eröffnet wurde.© Paulusch

Tag 5: Vortrag an der Federal Meat Academy of Japan

An diesem Tag durfte ich einen ganz besonderen Moment erleben, auf den ich fast fünf Jahre hingearbeitet hatte. Als erster internationaler Dozent überhaupt hielt ich an der Federal Meat Academy of Japan, dem Epizentrum des Wagyu, einen Vortrag. Vor einem ausgewählten Fachpublikum von rund 50 Zuhörern, darunter Schüler, Kursteilnehmer, Züchter, Farmer sowie Vertreter der Presse, des Fernsehens und der Lokalpolitik, referierte ich über Fleischreifung mit Schwerpunkt auf Wagyu einschließlich Kreuzungen und verschiedenen Methoden mit ihren Vor- und Nachteilen. Es war eine große Ehre für mich, vor diesem Publikum sprechen zu dürfen und ich bin wahnsinnig stolz, einen Beitrag zum Reifeprozess dieses besonderen Fleisches in Japan leisten zu können. Nach dem Vortrag folgte eine Führung durch die Federal Meat Academy, die oft auch als Wagyu-Schule bezeichnet wird. Beeindruckend hier war der hohen Ausbildungsstandard. Die Academy liegt direkt neben dem Schlachthof und dem Meat Market und bildet praktisch die komplette Produktionsstrecke ab, wobei jeder Schritt intensiv trainiert wird. Die Schüler haben die Möglichkeit, direkt vor Ort zu übernachten, Verpflegung inklusive. Als Nächstes besuchte ich den Gunma Meat Market, wo ich das Grading und die Auktion der heutigen Schlachtkörper miterlebte. Dabei wurde erneut deutlich, wie wichtig die Ausbildung der Meatgrader ist und wie überfällig eine entsprechende Klassifizierungs-Kommission außerhalb Japans ist.
Mit dem Shinkansen (Bullet-Train) fuhr ich zurück nach Tokio zu einem Pflichtbesuch bei Ningyocho Imahan Odakyu Dai-Ichi, einem der ältesten Metzgershops in Tokio, der bereits 1895 eröffnet wurde. Dieser Shop war einer der ersten, der überhaupt Fleisch in Japan angeboten hat und gehört daher zu den historischen Wahrzeichen der Metzgerkunst in der Stadt. Zum Betrieb gehört auch das 1904 eröffnete erste Restaurant „Imahan“ im alten Zentrum von Tokio. Ich genoss ein besonderes Sukiyaki-Menü mit edlem Kuroge Wagyu (Färse) in traditioneller Atmosphäre.

Tag 6: Von Himeji nach Kobe

Am sechsten Tag meiner Reise durch Japan erlebte ich eine faszinierende Tour, die mich mit dem Shinkansen von Tokio via Himeji nach Kobe führte. Nach einer Kurzvisite des Himeji Castle, auch bekannt als „Burg der Shoguns“ fuhr ich nach Kobe, wo ich eine Metzgerei besichtigte und an einer Führung
über einen der größten traditionellen Betriebe mit 3.400 Tajima-Rindern teilnahm. Der Betrieb praktiziert konventionelle Haltung mit einem Fokus auf Mutterkuhhaltung. Ich wurde herzlich empfangen und erhielt die seltene Gelegenheit, tief hinter die Kulissen zu blicken. Dabei lernte ich die Praktiken der natürlichen Kälberaufzucht und der künstlichen Befruchtung kennen, während ich über das gesamte Betriebsgelände geführt wurde und alle Fragen beantwortet wurden. Dieser Besuch war für mich persönlich ein Gamechanger und beeinflusste meine Sicht auf Kobe-Beef maßgeblich.
Abends genoss ich ein Kobe Beef-Dinner in einem Restaurant im Herzen von Kobe, begleitet von Professor Ueda von der University of Kobe, einem Experten auf dem Gebiet der Fleischforschung. Wir verbrachten kurzweilige Stunden mit intensiven Gesprächen über den Geschmack und die Geschmacksentwicklung von Kobe-Rind. Es wurde eine Zusammenarbeit im Bereich Reifung vereinbart und für die kommende Exkursion wurde eine Besichtigung des Universitäts-Geschmackslabors
und des Kobe-Beef-Museums mit einer Verkostung bei der Kobe Beef Society geplant.

Okaki Wagyu ist ein Farm-to-Fork-Betrieb mit eigener Metzgerei und angeschlossenem Restaurant der gehobenen Kategorie.© Paulusch

Tag 7: Ohmi Beef und Kioto

Am siebten Tag meiner Reise erlebte ich eine faszinierende Fahrt durch die Shiga-Präfektur, wo ich viel über den Reisanbau lernte und überrascht war, wie viele Reisfelder es dort gibt. Zum Mittagessen genoss ich das berühmte Ohmi Beef von Okaki als Shabu Shabu, gefolgt von einer Farmbesichtigung bei Okaki Beef und Ohmi Beef Wagyu. Diese Farmen sind für Kenner definitiv ein Begriff und weit über die Grenzen Japans hinaus bekannt. Sie liegen malerisch am Lake Nishinoko, dem tiefsten See Japans in der Präfektur Shiga. Okaki Wagyu ist ein Farm-to-Fork-Betrieb mit eigener Metzgerei und angeschlossenem Restaurant der gehobenen Kategorie. Ich wurde von Firmenchef Takeki Okayama herzlich in der Metzgerei begrüßt und anschließend über die Farm geführt. Dort werden insgesamt 550 Tiere gehalten, meist zu dritt in Boxen mit ausreichend Platz. Die Tiere werden mit Gras, Reisstroh und Sake-Trester gefüttert und die Befruchtung erfolgt hauptsächlich künstlich. Der Tierarzt besucht standardmäßig mehrmals pro Woche, um das Wohlergehen der Tiere zu überprüfen. Nach der Farmbesichtigung setzte ich meine Reise nach Kyoto fort, eine der schönsten Städte Japans und über 1.000 Jahre lang Hauptstadt des Kaiserreichs. Dort besichtigte ich den Golden Pavilion (Kinkaku-ji) und den Ryoan-ji Temple mit seinem berühmten Steingarten. Am Abend genoss ich ein Yakiniku-Dinner bei Hiro Beef Kyoto mit angeschlossenem Butchershop.

Farmbesichtigung in der Präfektur Shiga: die Kälberstation von Ohmi Beef. © Paulusch

Tag 8: Kyoto Meat Market und Sightseeing

An diesem Tag bekam ich einen exklusiven Einblick in die Kyoto Meat Markets, wo ich wäh- rend einer ausführlichen Besichti- gung inklusive der Schlachtanlage jede Ab- teilung von der Anlieferung der Tiere bis zur Auktion der Karkassen erkunden durfte. Ich war beeindruckt von der Modernität und Hochtechnisierung dieses Schlachthofs, der zu den fortschrittlichsten zählt, die ich je besucht habe. Der gesamte Prozess vom Bolzenschuss bis zur Reinigung der Karkassen dauerte nur knapp 60 Minuten. 29 Mitarbeiter schlachten bis zu 90 Rinder pro Tag. Nach dem Grading hatte ich ausreichend Zeit, mir die Schlachtkörper genau anzuschauen und die Klassifizierungsstufen eingehend zu studieren. Die anschließende Auktion war modern, bestens organisiert und äußerst spannend. Zum Mittagessen genoss ich Sukiyaki im Kyoto Style im Moritaya Restaurant im 11. Stock der Kyoto Shopping Mall mit Blick auf den Kyoto Tower. Der Sukiyaki wurde hier auf eine besondere Art zubereitet, indem zuerst Zucker in die Pfanne gegeben wurde, dann das Fleisch leicht angeröstet und schließlich Sojasauce mit einem Schuss Mirin hinzugefügt wurde.
Nach dem Mittagessen unternahm ich einen kleinen Bummel durch die Fleischabteilung, die ebenfalls zum Kyoto Meat Market gehört, und verbrachte den Nachmittag mit Sightseeing in Kyoto und besuchte einige der schönsten Tempel der Stadt, darunter den Fushimi Inari Taisha, eine berühmte Schreinanlage mit über 1.000 Toris sowie einen lokalen Messerfachhandel. Am Abend genoss ich ein Abendessen im zweiten von insgesamt vier Moritaya Restaurants in Kyoto, begleitet vom Präsidenten und Inhaber in der 8. Generation des Kyoto Meat Markets und seinem Sohn.

Tag 9: Nakao Farm & Matsusaka beef

Heute stand der Besuch der beeindruckenden Nakao Farm, größter Matsusaka-Züchter mit über 2.700 Tieren, am Programm. Matsusaka Beef aus der Mie Präfektur zählt zu den „Big Four“ und ist weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt. Diese Premium-Linie wird oft in einem Atemzug mit Kobe Beef genannt und nur etwa zehn Prozent der Tiere erreichen dieses Segment. Die Bedingungen für Matsusaka Beef sind streng: ausschließlich Tajima-Rinder, die nicht enthornt werden, da die Hörner ein Bewertungskriterium bei der Livestock-Auktion sind. Die Mindestaufzuchtdauer beträgt 900 Tage, aber die meisten Tiere werden erst mit 3,5 bis 4 Jahren geschlachtet. Etwa 60 % aller Tiere auf der Farm erreichen die Klassifizierung A5, wobei etwa 15 % einen BMS (Beef Marbling Score) von zwölf erreichen. Die Tiere werden in Gruppen je nach Alter gehalten: zuerst zehn pro Box, dann sechs, dann drei. Sie werden mit Grainfeed gefüttert, bestehend aus Soja, Mais und Biertreber, der über Futterautomaten verteilt wird. Besonders beeindruckt war ich von der umweltbewussten Aufbereitung der Exkremente, die zu Blumendünger verarbeitet werden. Täglich werden 2.000 Säcke Blumendünger abgefüllt und über Gartenmärkte vertrieben. Von der Qualität des Fleisches konnte ich mich bei einem schmackhaften Beef-Sushi selbst überzeugen. Ein kulinariches Erlebnis!
Vorbei am Ise Grand Shrine und dem „Husband and Wife Rock“ führte die Reise weiter nach Toba. Besonders faszinierte mich hier der Besuch bei Mikimoto, wo ich mehr über den Prozess der Perlenkultivierung in Japan erfahren konnte. Für die Übernachtung wählte ich einen authentisch japanischen Tatami-Room am Shima-Beach und genoss ein ebenso authentisches Seafood-Dinner.

Tag 10: Hida-Beef in Gifu

Nachdem ich bereits Ohmi, Kobe und Matsusaka erkundet hatte, fehlte mir noch der Besuch bei Hida-Beef. Hida-Beef ist malerisch in der Präfektur Gifu gelegen, mit insgesamt 10.000 Tieren, die den Hida-Kriterien entsprechen. Die durchschnittliche Farmgröße beträgt etwa 400 Tiere. Ich besuchte die Yoro-Farm, deren 400 Tiere ausschließlich Ochsen sind. Über 86 % der Tiere erzielen eine A5-Klassifizierung, während der Durchschnitt aller Hida-Tiere bei rund 70 % liegt. Am Nachmittag war ich zum Mittagessen mit der Familie Adachi von der gleichnamigen Hida-Beef-Farm verabredet. Von Firmengründer bis zum Enkel standen gleich drei Generationen Rede und Antwort. Ich war angenehm überrascht über die Offenheit der Familie, selbst bei eher unangenehmen Fragen. Die Adachi Farm ist mit 1.200 Tieren der größte Hida-Beef-Produzent. Die Stallungen liegen im Tal und sind von Reisfeldern umgeben. Etwa 70 % der Tiere sind Ochsen und 30 % Färsen, die mit etwa 30 Monaten geschlachtet werden. Interessanterweise erreichen Bullen ein besseres Grading, während Färsen eine bessere Fettqualität aufweisen. Die Tiere werden in Gruppen von acht in einer 4 x 8m-Box gehalten, mit Reisstroh als Einstreu. Die Farm betreibt ein sehr ausgeklügeltes Futtermanagement in vier Phasen, wobei je nach Alter des Tieres genau auf Proteine, Energie und Vitamingehalt geachtet wird. Beeindruckend ist, dass etwa 90 % der Tiere ein A5-Grading erreichen. Am Abend folgte eine ausgiebige Hida-Beef-Verkostung, durchgeführt als Yakiniku im örtlichen Butchershop, der ein angeschlossenes Restaurant hatte. Zur Verkostung kamen hochwertige Stücke wie Outside Skirt, Hüfte, Kalbi und Zunge, allesamt mit A5-Qualität. Dabei gewann ich auch neue Erkenntnisse über die Reifung und ihre Auswirkung auf die Zubereitung von Wagyu sowie den in Japan typischen Zubereitungsarten, die ich nun weiter validieren werde.

Tag 11: Shirakawa Village und Tokio

Den Abschluss der Tour markierte das zauberhafte Dorf Shirakawa Village in der Präfektur Gifu, das einen in die Edo-Ära (1603–1868) zurückversetzt und einfach zauberhaft ist. Ein echter Geheimtipp. Auf der Weiterfahrt besuchte ich einen lokalen Wurst- und Schinkenproduzenten (Schwein) in den Bergen Gifus und eine weitere Hida-Farm, die ihrem Namen gerecht wird. Die Ida Farm liegt auf 700 m Seehöhe mit 550 Tieren, ausschließlich Ochsenmast. Die Tiere kommen mit neun Monaten und ca. 260 kg auf die Farm und sind hauptsächlich Tajima-Kreuzungen, daher etwas kleiner.
Zurück in Tokio endete die Rundreise mit einem Grill-Dinner mitten in Tokio und netten Gesprächen mit dem Exportspezialisten Takuya „Jack“ Morita. Außerdem besuchte ich den alten Tsukiji Fischmarkt, berühmt für seine Fischauktionen und die Vielfalt der Meeresfrüchte und erlebte das pulsierende Treiben am Shibuya Crossing, einer der verkehrsreichsten Kreuzungen der Welt.

Dinner im Kobe Plaisir mit Prof. Ueda (rechts) von University of Kobe und Kaz Obara (links), Leiter der Federal Meat Academy of Japan.© Paulusch

Ronnie Paulusch: Mein Fazit!

Bei meiner Recherche-Tour zum Thema Wagyu habe ich über 2.800 Kilometer quer durch elf Präfekturen hinter mir gelassen. Ich habe 20 führende Köpfe der japanischen Fleischbranche und zehn Top-Wagyuzüchter kennengelernt. Mehr als 150 Stunden „Wagyu pur & ungefiltert“ wollen jetzt sortiert, verarbeitet und in einen neuen, darauf auf bauenden Kurs konzipiert werden. Die Begegnungen mit Züchtern, die kulinarischen Entdeckungen und die Gespräche mit Fachleuten haben mein Verständnis für Wagyu vertieft und meine Leidenschaft für die Vermittlung von Fachwissen gestärkt. Diese Erkenntnisse und Erfahrungen werden einen bedeutenden Einluss auf meine zukünftigen Kurse und Lehrmaterialien haben, da ich mein Wissen nun mit neuen Perspektiven bereichern kann.
Diese Reise war anstrengend und herausfordernd, aber vor allem eine einzigartige Erfahrung, die mich in vielen Punkten reicher gemacht und weiter gebracht hat – und weiter bringen wird. Jeder Tag war ein neues Highlight und ein Lernen ganz nach meinem Geschmack. Ein besonderer Dank gebührt dem Leiter der Federal Meat Academy of Japan, Herrn Kaz Obara, der die letzten elf Tage mit mir verbracht hat. In ihm habe ich nicht nur einen Förderer gefunden, der mich in sein Netzwerk eingeführt hat, sondern auch einen neuen Freund.

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